In ihrer Festrede zum 50-jährigen Bestehen des Kunstvereins hatte Dr. Erika Haindl an dessen Gründung erinnert: „Hofheimer Künstler feierten wieder einmal im Hause der Schwestern Martha und Madelaine Hoepffner. Irgendwann rief Herrmann Haindl: ‚Wisst ihr was? Wir gründen einen Kunstverein!‘ In der heiteren Stimmung wurde diese Idee zu einem Ball, mit dem es sich herrlich spielen ließ. Der Ball wurde immer bunter und stand irgendwann wie eine Wunderblume über unseren Köpfen und entfaltete immer bewegendere Formen. Es schien, als segelten diese zum Fenster hinaus zu anderen Menschen, die ebenfalls für ungewöhnliche Ideen empfänglich waren.“
Diese Worte spiegeln die Facetten dieser ungewöhnlichen Frau wider, wie wir sie gekannt haben: humorvoll, phantasievoll, verspielt, klug und immer am kulturellen und politischen Diskurs interessiert. Am 28. April ist Erika Haindl einen Tag nach ihrem 88. Geburtstag verstorben.
Sie vertrat einen weiten Kunstbegriff, der sich nicht auf die ästhetische Erfahrung im privaten Raum beschränkte. Natürlich sollte Kunst Anlass zur Reflexion sein, Medium zum Vor- und Nachdenken. Kunst sollte aber auch als Grund zur Aufregung gesehen werden, als Möglichkeit der Einmischung dienen. Diese Überzeugung hat Erika im Kunstverein gelebt und darüber hinaus in ihren zahlreichen Initiativen im öffentlichen Raum verwirklicht.
Nur zwei Beispiele, wie sie mit unermüdlichem Engagement und langem Atem für die Wahrung von kulturellem Erbe und für die lebendige Auseinandersetzung mit Kunst eintrat: Als 1. Vorsitzende des Kunstvereins engagierte sie sich gegen den Abriss der Altstadt und vertrat auch als Mit-Begründerin der „Bürgervereinigung Hofheimer Altstadt“ und Mitglied der Altstadtkommission aktiv die Bewahrung des historischen Erbes Hofheims. Die Sanierung des Bauerngehöftes des Ehepaars Haindl setzte einen ersten und entscheidenden Meilenstein für den Erhalt der Altstadt. Es wurde Wohnort und Ort kultureller Veranstaltungen zugleich. Auch das zeigt, wie sehr Erika ihr Verständnis von Kunst und Kultur lebte.
Die Idee eines eigenen Museums für die Kreisstadt, das die bewegte künstlerische Vergangenheit reflektiert, aber auch das aktive kulturelle Leben widerspiegelt, lag ihr am Herzen. In ihrer Zeit als 1. Vorsitzende des Kunstvereins hat sie im Arbeitskreis der Stadt maßgeblich an der Ausgestaltung des Museums mitgewirkt hat. Für diese und zahllose weitere Aktivitäten im kulturellen Bereich ist sie verdientermaßen vielfach ausgezeichnet worden.
Wir nehmen Abschied von Erika Haindl, einer außergewöhnlichen Frau, die den Menschen und den gesellschaftlichen Herausforderungen grundsätzlich und menschlich zugewandt war.