Die Gestalterin des Lichts

Ralf Dingeldein, der Vorsitzende der Marta-Hoepffner-Gesellschaft, bei seinem Vortrag. Foto: NP

Der Andrang war groß bei der letzten Veranstaltung des Kunstvereins in 2024. Der Vorsitzende der Marta-Hoepffner-Gesellschaft für Fotografie, Ralf Dingeldein, lud zu einem Vortrag, in dem er die Fotografin als „Künstlerin des Lichts“ angekündigt hatte.

Die 1912 in Pirmasens geborene Marta Hoepffner sah sich selbst als eine Gestalterin des Lichts. Lange eher unbekannt und selten gezeigt, nimmt ihr Werk heute immer mehr den ihm gebührenden Platz in der experimentellen Fotografie ein. Ausstellungen im In- und Ausland zeigen sie neben großen Namen der Kunst und der Fotografie. Ein steigendes Interesse am Beitrag von Künstlerinnen zur Kunstgeschichte betont heute zusätzlich ihre Position als Wegbereiterin in der Fotokunst. In ihrer 1949 in Hofheim am Taunus gegründeten Privatschule (gegenüber dem Blauen Hauses von Hanna Bekker vom Rath) vermittelte sie nach der Zeit des Nationalsozialismus die Ideen der Moderne an eine nächste Generation.

Kenntnisreich führte Ralf Dingeldein in das Werk Marta Hoepffners ein, verband immer wieder ihre biografischen Stationen mit der weltpolitischen Lage und ihrer künstlerischen Entwicklung. Unterstützt wurde der Vortrag durch zahlreiche Bildbeispiele, die unter anderen die Techniken der Solarisation und Mehrfachbelichtung anschaulich erklärten.

Highlight des Abends: Die Präsentation eines variochromatischen Lichtobjekts von Marta Hoepffner, welches das Museum für diese Veranstaltung aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt hatte. (NP)

Ein intensiver Leseabend

Autor Emanuel Bergmann las aus seinem Roman “Der Trick”. Foto: ML

Das Foyer des Museums war ausgebucht. Nach der traditionellen Gedenkfeier an der ehemaligen Synagoge war der Autor Emanuel Bergmann zu Gast und las aus seinem Roman „Der Trick“. In zwei Erzählsträngen erzählt er die Geschichte der Familien Goldenhirsch und Cohn, deren Schicksale sich auf außergewöhnliche Weise kreuzen.

Bergmann trug die von ihm gewählten Textstellen mit Verve vor, begleitet von kleinen musikalischen Einspielungen, die den Text harmonisch ergänzten und dem Publikum Zeit ließen, die Szenen auf sich wirken zu lassen.

In einem anschließenden Gespräch gab der Autor Einblicke in sein Schreiben, das er überzeugend als lustvollen und rauschhaften Prozess beschrieb. Starke Bilder im Geist des Lesers zu produzieren, eine packende Geschichte zu erzählen, sind ihm ein Anliegen. In seinem Roman „Der Trick“ spielt zudem der Humor eine wichtige Rolle. Ob er eher derb, sensibel, als Sprachwitz oder mit einem gehörigen Maß an Chuzpe daherkommt, Bergmann beherrscht die sprachlichen Mittel meisterhaft. Auch wenn teils tragische, teils melancholische Szenen die Handlung bestimmen, ist es Bergmann wichtig, den Leser durch ein Lachen oder Lächeln zu einem Blick auf die positive Seite des Lebens zu bewegen.

Zum Abschluss las Bergmann noch eine kurze Textstelle aus dem Roman, die thematisiert, wie seine Protagonisten die Reichspogromnacht in Berlin erleben, und verband dies mit einigen sehr persönlichen und sehr besorgten Gedanken zu der Frage, wie er als Jude die aktuelle gesellschaftliche Situation empfindet. Im Anschluss an die Lesung gab es noch viel Redebedarf in kleinen Gruppen.

Ein intensiver und nachdenklich machender Leseabend. (BMM)

Lernen und Lehren

Alessandro D’Avenia im Gespräch mit Viktoria von Schirach, die moderierte und übersetzte. Foto: NP

Im gut besuchten Malersaal der Hofheimer Stadthalle nahm Alessandro D’Avenia aus Italien, dem Gastland der diesjährigen Buchmesse, Platz. Er las aus seinem in deutscher Sprache erschienenen Roman „Der blinde Lehrer“.

Man merkt Alessandro D’Avenia an, dass er immer noch als Lehrer tätig ist und diese Tätigkeit mit Herzblut lebt. Zu Beginn des Abends erzählte er auf seine charmante Art, dass das deutsche Wort Beruf, das auch den Begriff Berufung beinhaltet, sehr gut auf die Profession Lehrender passt. In diesem Sinne begreift er Lernen und Lehren als Beziehungsarbeit und thematisiert in seinem Roman, wie dies in der Arbeit mit jungen Erwachsenen Tag für Tag passieren kann.

Der Held des Romans, der Lehrer Omer Romeo – fast ein Anagramm, das an den Gelehrten Homer und den italienischen Liebenden Romeo denken lässt -, ist blind. Mit diesem literarischen Schachzug gelingt es D’Avenia, einen anderen Blick auf die Begegnung zwischen Lernenden und Lehrenden zu entwickeln: Die Schülerinnen und Schüler, die ihr Lehrer nicht sieht, müssen täglich eine Episode von sich erzählen, damit er sie kennenlernen kann. Wie seine literarische Figur ist D’Avenia davon überzeugt, dass diese Art der Kommunikation eine intensivere Beziehung ermöglicht.

Wenn man nur einen Tag mit geschlossenen Augen verbringe, liebe man die Welt auf ganz neue Art. In der heutigen Welt müssten wir wieder lernen zu tasten, zu berühren, uns berühren zu lassen. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten, dass Berührungen das Immunsystem stärken. Der Grundstein dafür könne nicht nur im familiären Umfeld, sondern auch in der Schule gelegt werden, so der Autor.

Dass das Wort Maestro im Italienischen sowohl für den Lehrer als auch für den Leiter eines Chores oder Orchesters verwendet wird, verweist auf sehr ähnliche Aufgaben, die diesen Rollen zukommen. Viele unterschiedliche Stimmen müssen zusammenspielen unter Beibehaltung ihrer Eigenständigkeit und unter Berücksichtigung eines harmonischen Ganzen. Mit diesem Plädoyer des Autors schloss die Moderatorin und Übersetzerin Viktoria von Schirach den Abend. NP