Kunst, Kultur, Wein und Schokolade

Weinstadt heißt der Ort und Beutelsbach der Ortsteil, der für die Kunstreise 2024 des Kunstvereins Hofheim zum Mittelpunkt wurde. Und spätestens nach dieser Tour wissen alle Teilnehmer, warum die Baden-Württembergische Gemeinde östlich von Stuttgart mit dem Slogan “Kultur trifft Natur” wirbt. Die Vielfalt an Museen und kulturellen Highlights ist beeindruckend, und Reiseleiter Hartmut Hahn hat aus dem reichhaltigen Angebot ein Programm zusammengestellt, das einen Bogen spannte von der Literatur über Architektur, Bildhauerei, Lichtinstallationen bis hin zu den großen Kunstsammlungen im Museum Ritter in Waldenbuch – nebst einem Besuch des Werksverkauf der quadratisch-praktisch-guten Schokolade – sowie dem Carmen Würth Forum in Künzelsau mit der Sonderausstellung “Terrific” und einem eindrucksvollen Skulpturenpark.

Weitere Programmpunkte waren die Stuttgarter Staatsgalerie, das Literaturmuseum in Friedrich Schillers Geburtsstadt Marbach am Neckar, die Weissenhofsiedlung, UNESCO-Welterbe in Stuttgart, und der Besuch des Ateliers von Bildhauer Prof. Karl Ulrich Nuss, der krankheitsbedingt leider nicht persönlich Erläuterungen zu seinen unzähligen, aufgereihten Werken geben konnte. Im Nachbar-Ortsteil Strümpfelbach rundete eine Weinprobe beim Bio-Winzer Marcel Idler aus dem Weinbaugebiet Remstal das überaus reichhaltige Reiseprogramm ab.

Es wurde viel Beifall gespendet. Besonders für die ausgezeichneten Museumsführungen, allesamt getragen von sehr sachkundigen und unterhaltsamen Führern und Führerinnen. Und einen besonderen starken Applaus gab es am Ende wieder für Hartmut Hahn für seine hervorragende Reiseplanung und -leitung einschließlich der tatkräftigen Unterstützung vor Ort durch Gisela Tan. ML

Kreatives Schreiben mit KI – geht das?

Autorin Jenifer Becker (links) im Gespräch mit Angelika Schriever-Steinberg vom Kunstverein Hofheim. Foto: KV

Spannend, unterhaltsam, informativ und kurzweilig über Schreiben und Künstliche Intelligenz sprechen – geht das? Jenifer Becker und Angelika Schriever-Steinberg ist dies gelungen. Die Autorin und Literaturwissenschaftlerin las zwei Passagen aus ihrem Buch „Zeiten der Langeweile“, in dem sich Mila, die Heldin des Romans, aus Angst vor der öffentlichen Sichtbarkeit aus dem Internet zurückzieht. Was als „Digital Detox“ begann, wird hier konsequent zu Ende gespielt.

Angelika Schriever-Steinberg vom Kunstverein Hofheim moderierte kompetent, fand die Übergänge zu den einzelnen Diskussionspunkten und stellte die „richtigen“ Fragen.

Der zweite Teil beschäftigte sich dann mit dem Thema „literarisches Schreiben im Kontext von KI“. Es ging um Fragen wie kann KI „sinnvoll“ im Schreibprozess eingesetzt werden, handelt es sich wirklich um Intelligenz oder bleibt es beim „schtochastischen Papagei“?

Anhand einer kleinen Live-Präsentation wurde gezeigt wie zum Beispiel ChatGPT arbeitet. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: Jedenfalls im literarischen Schreiben klingt der Text schematisch, glatt, fade und die Figuren bleiben eindimensional. Anders bei Gebrauchstexten, bei denen es auf knappe Information ankommt. Daraus entwickelte sich eine lebhafte Diskussion mit dem Publikum, die sich nach Abschluss des „offiziellen“ Teils bei einem Glas Wein vertiefte.

Man darf auf jeden Fall gespannt auf das neue Buch von Jenifer Becker sein, das sich gerade im Entstehungsprozess befindet. (np)

“Zebras im Schnee” in Hofheim?

Autor Florian Wacker im Gespräch mit der Kunstvereins-Vorsitzenden Birgit Müller-Muth. Foto: Lindner

Wegen der außerordentlich großen Nachfrage für die Veranstaltung in der Villa Roederstein stellte das Ehepaar Wahrenburg dankenswerterweise an zwei Terminen das Atelier als besonderen Leseort zur Verfügung. Der Autor Florian Wacker wählte aus diesem Anlass für seine Lesung die Szenen aus seinem Buch „Zebras im Schnee“, die in der Villa Roederstein spielen. Sein Roman war in diesem Jahr für das Lesefest „Frankfurt liest ein Buch“ ausgewählt worden und bescherte dem Autor gleich einen Platz auf der Spiegel-Bestseller-Liste.

Wacker las humorig und lebhaft die Begegnungen zwischen Ottilie Roederstein und der Protagonistin des Romans, Ella Burmeister, vor. Dabei gab er auch Einblicke in seinen Schreibprozess. In dem Roman werden zahlreiche Aspekte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts thematisiert. Es geht um das Lebensgefühl, das sich in Mode, Tanz und einem steigenden Selbstbewusstsein von Frauen niederschlug. Es geht um die Architektur des neuen Frankfurts und den veränderten Blick auf Kunst und Technik. All dies hat der Autor in Archiven und Ausstellungen gut recherchiert.

Mark Wahrenburg, Besitzer der Villa Roederstein.

Mark Wahrenburg, der Besitzer der Villa Roederstein, schilderte in seinem anschließenden Vortrag Details aus dem Leben von Ottilie Roederstein als Künstlerin, Mäzenin und emanzipierter Frau. Er erläuterte darüber hinaus die innovativen Ideen des Architekten Hermann Kopf, der die Villa erbaute. Wahrenburg ist ein intensiver Kenner der Architektur Hermann Kopfs und seiner Zeit. Er hat in über zehn Jahren dauernder Arbeit das nach dem Krieg völlig verbaute Haus auf Grundlage der ursprünglichen Pläne sorgsam „zurückgebaut“. Die Zuschauer konnten Details im Atelier bestaunen und den Garten der Villa besichtigen, der ebenfalls weitgehend die ursprüngliche Anlage wiedererhalten hat.

Sowohl Florian Wacker als auch Mark Wahrenburg war die Begeisterung über ihr Sujet anzumerken, die sich prompt auf das Publikum übertrug, das zahlreiche interessierte Nachfragen stellte. (BMM)