Ein Publikumsrenner

Die Kunsthistorikerin Dr. Marion Victor referierte packend und kenntnisreich über die Beckmann-Schüler und -Schülerinnen. Foto: ML

Die zurzeit im Museum Hofheim laufende Ausstellung „Der gesprengte Kreis“ erweist sich schon lange vor ihrem Ende als überaus erfolgreich. Dementsprechend war das Museum bis auf den letzten Platz besetzt, als die Kuratorin der Ausstellung, Frau Dr. Marion Victor, hinter das Rednerpult trat, um über „Beckmanns Erben – Sieben Schüler der verlorenen Generation“ zu sprechen. Über Jahre hinweg hat sich die Referentin mit dem Thema beschäftigt, hat die Nachkommen der Schülerinnen und Schüler Beckmanns ausfindig gemacht, Werke in deren Besitz begutachtet und eine Ausstellung zusammengestellt, die neben Leihgaben aus Museen Bilder aus Privatbesitz zeigt, die teilweise zuvor noch nie ausgestellt wurden.

Packend und kenntnisreich zeigte sie anhand von Beispielen, wie Beckmanns Schülerinnen und Schüler die gestellten Aufgaben bearbeiteten (Stillleben, Blick aus dem Fenster) und zugleich ihre eigene Handschrift entwickelten. Eindrücklich erläuterte Frau Dr. Marion Victor dies anhand der Werke von Inge Dinand.

Interessant auch die Spurensuche in den Werken weiterer Schüler, die während des Nationalsozialismus entstanden oder nach dem Krieg die erlebten Schrecken künstlerisch verarbeiteten. Keiner der Künstler jedoch konnte nach den vielen Jahren der Einschränkung oder des Verbots eine namhafte Karriere machen. Zu einschneidend war der Bruch, der mit der Diffamierung ihrer Werke begann. Es gab aber auch zu wenig öffentliches Interesse daran, dieses Kapitel aufzuarbeiten. Es ist zu wünschen, dass diese Ausstellung der Anfang einer Aufarbeitung der künstlerischen Werke dieser Generation ist. Laut Marion Victor gibt es noch viele Schätze zu heben.

Das Publikum war beeindruckt, und beim anschließenden Flanieren durch die Ausstellung sah mancher die Bilder mit einem kundigeren Auge. (BMM)

Die Gestalterin des Lichts

Ralf Dingeldein, der Vorsitzende der Marta-Hoepffner-Gesellschaft, bei seinem Vortrag. Foto: NP

Der Andrang war groß bei der letzten Veranstaltung des Kunstvereins in 2024. Der Vorsitzende der Marta-Hoepffner-Gesellschaft für Fotografie, Ralf Dingeldein, lud zu einem Vortrag, in dem er die Fotografin als „Künstlerin des Lichts“ angekündigt hatte.

Die 1912 in Pirmasens geborene Marta Hoepffner sah sich selbst als eine Gestalterin des Lichts. Lange eher unbekannt und selten gezeigt, nimmt ihr Werk heute immer mehr den ihm gebührenden Platz in der experimentellen Fotografie ein. Ausstellungen im In- und Ausland zeigen sie neben großen Namen der Kunst und der Fotografie. Ein steigendes Interesse am Beitrag von Künstlerinnen zur Kunstgeschichte betont heute zusätzlich ihre Position als Wegbereiterin in der Fotokunst. In ihrer 1949 in Hofheim am Taunus gegründeten Privatschule (gegenüber dem Blauen Hauses von Hanna Bekker vom Rath) vermittelte sie nach der Zeit des Nationalsozialismus die Ideen der Moderne an eine nächste Generation.

Kenntnisreich führte Ralf Dingeldein in das Werk Marta Hoepffners ein, verband immer wieder ihre biografischen Stationen mit der weltpolitischen Lage und ihrer künstlerischen Entwicklung. Unterstützt wurde der Vortrag durch zahlreiche Bildbeispiele, die unter anderen die Techniken der Solarisation und Mehrfachbelichtung anschaulich erklärten.

Highlight des Abends: Die Präsentation eines variochromatischen Lichtobjekts von Marta Hoepffner, welches das Museum für diese Veranstaltung aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt hatte. (NP)

Ein intensiver Leseabend

Autor Emanuel Bergmann las aus seinem Roman “Der Trick”. Foto: ML

Das Foyer des Museums war ausgebucht. Nach der traditionellen Gedenkfeier an der ehemaligen Synagoge war der Autor Emanuel Bergmann zu Gast und las aus seinem Roman „Der Trick“. In zwei Erzählsträngen erzählt er die Geschichte der Familien Goldenhirsch und Cohn, deren Schicksale sich auf außergewöhnliche Weise kreuzen.

Bergmann trug die von ihm gewählten Textstellen mit Verve vor, begleitet von kleinen musikalischen Einspielungen, die den Text harmonisch ergänzten und dem Publikum Zeit ließen, die Szenen auf sich wirken zu lassen.

In einem anschließenden Gespräch gab der Autor Einblicke in sein Schreiben, das er überzeugend als lustvollen und rauschhaften Prozess beschrieb. Starke Bilder im Geist des Lesers zu produzieren, eine packende Geschichte zu erzählen, sind ihm ein Anliegen. In seinem Roman „Der Trick“ spielt zudem der Humor eine wichtige Rolle. Ob er eher derb, sensibel, als Sprachwitz oder mit einem gehörigen Maß an Chuzpe daherkommt, Bergmann beherrscht die sprachlichen Mittel meisterhaft. Auch wenn teils tragische, teils melancholische Szenen die Handlung bestimmen, ist es Bergmann wichtig, den Leser durch ein Lachen oder Lächeln zu einem Blick auf die positive Seite des Lebens zu bewegen.

Zum Abschluss las Bergmann noch eine kurze Textstelle aus dem Roman, die thematisiert, wie seine Protagonisten die Reichspogromnacht in Berlin erleben, und verband dies mit einigen sehr persönlichen und sehr besorgten Gedanken zu der Frage, wie er als Jude die aktuelle gesellschaftliche Situation empfindet. Im Anschluss an die Lesung gab es noch viel Redebedarf in kleinen Gruppen.

Ein intensiver und nachdenklich machender Leseabend. (BMM)