Dialog ohne Worte

Entlockte seinem Cello ungeahnte Töne: Performer Willem Schulz. Foto: BMM

Für den Musiker, Komponisten und Performer Willem Schulz aus Melle bei Osnabrück kann alles zur Partitur werden. Architektur, Landschaften, berührende Themen, soziale Situationen und natürlich auch Kunst anderer Sparten.

Davon legte der Künstler anlässlich der dritten Veranstaltung des Kunstvereins zur Triennale ein beeindruckendes Zeugnis ab. In der Haindl-Scheune und im Hof Ehry bespielte er die Werke der Künstlerinnen Ann Besier, Kathrin Lieske, Usch Quednau, Sigrid Schauer, Judita Lampe und des Künstlers Kai Wolf. Dabei entlockte er seinem Cello ungeahnte Töne, die durch den inneren Dialog des Künstlers mit den Bildern entstanden: Flirrende Töne, vogelähnliche Stimmen, nächtliche Geräusche erfüllten den Raum beim Bespielen der Gemälde von Kathrin Lieske, während Dissonanzen, Geräusche von berstendem Holz und Schlürfgeräusche die Werke von Ann Besier umgaben. Im Hof Ehry wurde es dann sehr bewegt. Die Hinterglascollagen von Sigrid Schauer brachten das Cello zum Tanzen, der Glücksbote von Kai Wolf spielte mit dem Cello im Duett. Traurige und melancholische Weisen erklangen bei den Bildern von Usch Quednau und Judita Lampe.

Die anwesenden Künstlerinnen äußerten sich im Anschluss an die Darbietung sehr berührt und waren beeindruckt davon, welche Resonanz ihre Werke im Dialog mit dem Cello erfahren haben. Zuschauerinnen und Zuschauer merkten an, dass die Bilder für sie durch diese Form der Auseinandersetzung nochmals ganz neue Bedeutung gewonnen hätten. (BMM)

Gesichtsverlust

Zum Teil verblüffende Erkenntnisse: Ulrich Koch bei seinem Vortrag im Museum. Foto: BMM

Bei der zweiten Veranstaltung des Kunstvereins zur Taunus-Kunst-Triennale stand die Wirkmächtigkeit von Masken auf zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion im Mittelpunkt des Vortrags von Ulrich Koch. Koch, der als Arzt für Homöopathie und integrative Medizin praktiziert, setzte Ergebnisse aus der Neurowissenschaft und der Verhaltensforschung in teilweise verblüffende Beziehungen zu ausgewählten Werken der Triennale.

Nach einem kurzen Exkurs über die Anfänge der Masken und die Bedeutung von Masken im antiken Theater wandte er sich den Exponaten der Ausstellung zu. Das Werk „Ohne Lächeln sind wir maskenähnlich“ von Angela Preijs verweist auf das Still-face-Experiment des US-amerikanischen Entwicklungspsychologen Edward Tronick. Darin wird nachgewiesen, wie wichtig die Mimik der Bezugsperson für Säuglinge ist, um Vertrauen in die Welt aufzubauen.

Was macht es mit uns, wenn wir ständig in von FFP2-Masken verhüllte Gesichter schauen? Die Werke von Jörg Strobel thematisieren Fremdheit und Verlassenheit. Direkter zwischenmenschlicher Kontakt lässt sich nur unzureichend über den Videochat ersetzen, weil zum Aufbau von Empathie und Bindungsfähigkeit das reale Erleben des Gegenübers gehört. „Behind the screen“ unternimmt, so betrachtet, den Versuch, aus der Isolation am Bildschirm auszubrechen. Die „Maskerade“ kann durchaus humorvolle Züge annehmen, wie die Bilder von Barbara Heier-Rainer zeigen. Schließlich bleiben uns noch die Augen, wie sie in der Skulptur von Youngwha Song in alle Richtungen blicken. „See and be seen“.

An dieser Stelle sind dies nur ein paar Anregungen zum Weiterdenken, die der Vortrag bot und über die es sich trefflich bei einem Glas Wein weiterdiskutieren ließ. (BMM)

Künstlerische Positionen

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Gespräch: Von links das Künstlerduo Joko von Wolf, Moderator Pascal Heß, Petra Straß, Youngwha Song, Brigitte Sterz und Kunstvereins-Vorsitzende Birgit Müller-Muth. Foto: Becht

Zur Halbzeit der 2. Taunus-Kunst-Triennale trafen sich unter der Leitung des Kunsthistorikers Pascal Heß fünf Künstlerinnen und Künstler der Triennale zu einem Gespräch über ihre Werke. Auf verständige und präzise Art stellte Herr Heß zunächst gemeinsam mit den Teilnehmenden deren ausgestellte Exponate vor: Youngwha Song verlässt mit ihren Werken die Zweidimensionalität des Gemäldes und lässt ihr Motiv sich in den Raum ausdehnen (see and be seen, postionS), während das Künstlerduo Joko von Wolf Fotografien mit grafischen Elementen gestaltet und jeweils Motivpaare in einen erzählerischen Zusammenhang stellt.

Brigitte Sterz komponiert ihre Werke nach streng zuvor festgelegten Regeln, wodurch sie beim Betrachten eine Sogwirkung entfalten. Petra Straß verwandelt sich in ihren Kostümen in eine Figur und bringt deren Besonderheiten und Bedeutung in einem performativen Akt zum Ausdruck.

Die Unterschiedlichkeit der Herangehensweise und der Intentionen führte schon bald zu einem lebhaften Austausch der Künstlerinnen und Künstler untereinander. Sie stellten schließlich fest, dass ihren Werken einige Gemeinsamkeiten zugrunde liegen: Stille zulassen, Einsamkeit empfinden, Empathie verspüren. Dass dies nicht zuletzt mit den Erfahrungen der letzten drei Jahre zusammenhängt, die durch Pandemie und Kriegsbilder bestimmt waren, ist zu vermuten.

Das Publikum wusste die sachkundige und humorvolle Moderation von Pascal Heß zu schätzen und diskutierte lebhaft im Anschluss an die Veranstaltung bei einem Glas Wein. (BMM)