Selten gespieltes Repertoire

Das Duos Saxophilie: Anne Siebrasse und Simon Hanrath. Foto: Abdullah Derea

Das war Musikgenuss auf höchstem Niveau. Das Duo Saxophilie mit Anne Siebrasse und Simon Hanrath, der für die verhinderte Regina Reiter eingesprungen war, trat zu einem Saxophon-Konzert in der Stadthalle Hofheim auf und präsentierte Kompositionen von Bach über Bartok bis Robert Buckland. Dabei kamen neben dem Altsaxophon auch das Sopransaxophon und das beeindruckend große Baritonsaxophon zum Einsatz.

Anne Siebrasse führte sympathisch durch den Abend und lieferte interessante Hintergründe zu dem selten gespielten Repertoire des klassischen Saxophons.

Jähners faszinierendes Buch

Auch Bilder erzählen eine Geschichte: Harald Jähner präsentierte auch einige Szenen aus dem Bildband “Wolfszeit”.

Erst liest Autor Harald Jähner eine halbe Stunde lang aus dem Eingangskapitel seines Buches “Wolfszeit”, dann fesselt er sein Publikum im Malersaal der Stadthalle Hofheim mit eindrucksvollen Bildern aus der Zeit zwischen 1945 und 1955 samt den kleinen Geschichten und Anekdoten dahinter.

Der frühere Feuilletonchef der Berliner Zeitung hat eine relativ wenig bearbeitete Zeitspanne der deutschen Nachkriegsgeschichte meisterhaft und mehrfach prämiert als Mentalitätsgeschichte beschrieben. In seinem Buch und dem danach erschienenen Bildband mit dem gleichen Titel versucht er darzustellen, wie und was die Menschen in dieser schwierigen, unmittelbaren Nachkriegszeit – die er „Wolfszeit“ nennt – gedacht und gefühlt haben, wie sie in dieser Trümmerlandschaft überlebt haben und wie sie mit der Überwindung der zurückliegenden Kriegs- und Gesellschaftskatastrophe versuchten, weiterzuleben. Er vermittelt dabei das Bild einer Zeit, in der nicht nur Not herrschte, sondern auch Lebensmut und Vergnügen existierte.

Viktoria Pollmann moderierte die Lesung mit Harald Jähner in der Stadthalle.

Fazit: Ein faszinierendes Buch und ein stimmiger Abend voller eindrucksvoller Impressionen und Illustrationen. Und als Moderatorin Viktoria Pollmann am Ende die Corona-gerecht mit Abstand sitzenden Zuhörer fragte, ob sie lieber Fragen stellen oder noch mehr hören wollten, wurde einhellig die Lesung gewählt – was der Autor zu Recht als Kompliment verstand!

Wie ein Kartenhaus

Autorin Judith Hermann (rechts) im Gespräch mit unserer Kunstvereins-Vorsitzenden Birgit Müller-Muth.

„Der Raum hier ist angenehm, und es herrscht eine gute Atmosphäre“, bemerkte die Autorin, als sie die weitgehend ausgebuchte Stadthalle betrat, in der das Publikum sie angeregt murmelnd erwartete. Zeit der Buchmesse – und wie jedes Jahr konnten Kunstverein und Stadtbücherei mit der Unterstützung vom Leseland Hessen wieder eine herausragende Schriftstellerin begrüßen: Judith Hermann.

Ihr Roman „Daheim“ war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und erhielt kürzlich den Rheingau Literaturpreis. Sie las gelassen und eindrücklich einzelne Episoden aus ihrem Roman und gab in einem offen geführten Zwiegespräch sehr persönliche Einblicke in ihr künstlerisches Arbeiten.

Judith Hermann verglich den Konstruktionsprozess ihres Romans mit dem Bau eines Kartenhauses, bei dem sie durch vorsichtiges Entfernen einzelner Karten immer wieder austariere, ob das Konstrukt noch Stand habe. Auf diese Weise entsteht ein Gesamtwerk, das Leerstellen in sich trägt, die bei der Leserin/dem Leser starke Bilder und Emotionen hervorrufen. Freimütig gab sie zu, dass auch sie nicht immer die Fragen beantworten könne, die sich ihre Figuren stellten, denn oft überholten diese sie im Prozess des Schreibens. Sich auf die eigene Intelligenz und Intuition zu verlassen, ist wohl eines der Geheimnisse ihres erfolgreichen Schreibens. (BMM)