Mit der slowenischen Autorin Ana Marwan war das Gastland der Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr in Hofheim vertreten. Ana Marwan las aus ihrem in Slowenien mit dem Kritikerpreis als bestes Buch des Jahres 2021 ausgezeichneten Roman „Verpuppt“.
In einem anregenden Gespräch mit der Moderatorin Birgit Müller-Muth entwirrte sie die miteinander verwobenen Handlungsstränge des Romans. Auf der ersten Handlungsebene wird die Beziehung zwischen Jeẑ und Rita erzählt. Der tragikomische Protagonist Jeẑ, der an eine Figur von Loriot erinnert, entpuppt sich auf der zweiten Handlungsebene als eine Fantasiefigur Ritas. Sie ist in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht und hat die therapeutische Aufgabe, über Jeẑ zu schreiben. Dabei dient ihr Sprache als Anker, denn die genaue und sensible Beobachterin Rita vermag ihre Außenwelt sehr gut zu beschreiben, wohingegen sie durch Selbstreflexion immer wieder in ein inneres Chaos geworfen wird. Rita entwickelt Schreibstrategien, die sie – wie Scheherazade aus 1001 Nacht – lebendig halten. Ein Vorgehen, das die Autorin auch für sich beanspruchen würde.
Dass die heranwachsende Protagonistin sich als Projektionsfläche eine männliche Figur wählt, erklärt Ana Marwan mit dem generischen Maskulinum, das alle Geschlechtsidentitäten umfasst und damit neutraler ist als eine weibliche Zuschreibung.
In den gelesenen Textauszügen wechseln sich komische Episoden, Reflexionen und rätselhafte Ideen ab. Bilder dürfen gerne einmal schräg oder krumm sein und improvisiert wirken. Im Zusammenspiel der Einzelteile ergibt sich das Ganze. Und so hat Ana Marwan auch nichts dagegen, wenn ihr Roman als „literarischer Jazz“ charakterisiert wird. (BMM)