Wie ein Kartenhaus

Autorin Judith Hermann (rechts) im Gespräch mit unserer Kunstvereins-Vorsitzenden Birgit Müller-Muth.

„Der Raum hier ist angenehm, und es herrscht eine gute Atmosphäre“, bemerkte die Autorin, als sie die weitgehend ausgebuchte Stadthalle betrat, in der das Publikum sie angeregt murmelnd erwartete. Zeit der Buchmesse – und wie jedes Jahr konnten Kunstverein und Stadtbücherei mit der Unterstützung vom Leseland Hessen wieder eine herausragende Schriftstellerin begrüßen: Judith Hermann.

Ihr Roman „Daheim“ war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und erhielt kürzlich den Rheingau Literaturpreis. Sie las gelassen und eindrücklich einzelne Episoden aus ihrem Roman und gab in einem offen geführten Zwiegespräch sehr persönliche Einblicke in ihr künstlerisches Arbeiten.

Judith Hermann verglich den Konstruktionsprozess ihres Romans mit dem Bau eines Kartenhauses, bei dem sie durch vorsichtiges Entfernen einzelner Karten immer wieder austariere, ob das Konstrukt noch Stand habe. Auf diese Weise entsteht ein Gesamtwerk, das Leerstellen in sich trägt, die bei der Leserin/dem Leser starke Bilder und Emotionen hervorrufen. Freimütig gab sie zu, dass auch sie nicht immer die Fragen beantworten könne, die sich ihre Figuren stellten, denn oft überholten diese sie im Prozess des Schreibens. Sich auf die eigene Intelligenz und Intuition zu verlassen, ist wohl eines der Geheimnisse ihres erfolgreichen Schreibens. (BMM)