Lyonel Feiningers “ver-rückte” Bilder

Lyonel Feininger fand in seinen Bildern, hier der Dom von Halle aus 1931, seinen ganz eigenen künstlerischen Ausdruck. Foto: WIC

Erwartungsvoll saß das Publikum im sehr gut gefüllten Foyer des Stadtmuseums. In seinem Vortrag beleuchtete der katholische Theologe Dr. Stefan Scholz den zeit-, kunst- und ideengeschichtlichen Hintergrund, vor dem Lyonel Feininger zu seiner Kunst fand.

Zunächst skizzierte er „mit wenigen Pinselstrichen“ das Leben Feiningers. Es reichte von der Geburt 1871 in New York, über die Jahre der künstlerischen Ausbildung in Deutschland und seinem Weg zum anerkannten und berühmten Maler, über die Verfemung seiner Kunst in der NS-Zeit und die Rückkehr 1937 in ein zwischenzeitlich völlig verändertes New York bis zu seinem Tod dort im Jahre 1956.

Seine Lebenszeit umfasste damit zeitgeschichtlich die Ideen des 19. Jahrhunderts bis zur Moderne nach dem Zweiten Weltkrieg, über Kaiserreich und Nationalstaaten, den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Repressalien der NS-Zeit bis zur Neufindung nach dem Zweiten Weltkrieg und seinem Neuanfang in New York. Es war eine Zeit der großen Umbrüche, Suchbewegungen und Aufbrüche, der Technisierung und der naturwissenschaftlichen Forschungen und der vielfältigen Versuche, die Welt im kleinsten Atom und im zusammenhängenden Ganzen zu ordnen und zu erklären. Viele verschiedene Kunstströmungen liefen parallel und lösten sich ab – der Historismus des 19. Jahrhunderts und die Ideen der Romantik, der Impressionismus und der Expressionismus, Kubismus, Futurismus, die neue Sachlichkeit, die Abstraktion und viele mehr. Feininger ordnete sich in keinem dieser Stile ein, nannte für sich den Begriff des „Prismaismus“. Vor dem Hintergrund der Ideen seiner Zeit fand er seinen ganz eigenen künstlerischen Ausdruck.

Welche Wechselwirkungen entstehen zwischen Künstler und Welt, zwischen Bild und seinem Betrachter? Das „Ich“ findet und definiert sich im Gegenüber zum „Du“ und der „Welt“ – so ist Kunst im besten Sinne Erkenntnisweg.